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Heute gilt: Rock trifft Hip Hop Der dritte Festivaltag begann nach Regenschauern bei angenehmen Temperaturen. Der US-Hardcoreband sorgte für einen effektvollen Auftakt. Heute gilt: Rock trifft Hip-Hop.

Ein morgendlicher Regenguss hat Abkühlung für die staubgeplagten Nova-Rock-Besucher gebracht: Die Zehntausenden Bewohner des weitläufigen Campinggeländes haben das dankbar angenommen und zogen am frühen Freitagnachmittag erst spärlich vor die beiden Bühnen. Eröffnet wurde das musikalische Programm mit unerbittlicher Härte von Code Orange, wobei heute grundsätzlich gilt: Rock trifft Hip-Hop.

Immerhin stehen sich die Headliner System of a Down und Beginner gegenüber. Die einen eine US-Rockband mit armenischen Wurzeln, komplexen Songs und starker politischer Botschaft, die anderen eine deutsche Rap-Institution, die nach langer Auszeit im Vorjahr mit "Advanced Chemistry" ein Comeback feierte. Und entlang diesen beiden Strängen läuft auch das untertags Gebotene, womit sich für die Fans eine echte Wahlmöglichkeit ergibt. Hände in die Luft und Wortspiele oder doch lieber die Action im Pit suchen?

Letzteres gab es jedenfalls bei Code Orange: Die US-Band hat sich trotz ihrer jungen Jahren einen ansehnlichen Ruf in der Hardcore-Szene erspielt. Mit Album Nummer drei, dem im Jänner erschienenen "Forever", hat die Formation aber endgültig alle Formalitäten hinter sich gelassen, verknüpft Aggression, schneidende Riffs und stampfende Beats schon mal mit elektronischen Einflüssen, schielt dabei in Richtung Industrial und versteht es ganz nebenbei, mit "Bleeding In The Blur" einen astreinen Hit mit Alternative-Schlagseite zu fabrizieren.

"Die dritte Platte war sicherlich schwierig für uns", erzählte Gitarristin und Sängerin Reba Meyers nach dem (leider von Soundproblemen begleiteten) Auftritt beim Nova Rock der APA. "Aber nicht, weil wir keine Ideen hatten. Wir wollten einfach den nächsten Schritt machen, wollten ein neues Level erreichen. Klar kannst du einfach ein paar Stücke aus dem Ärmel schütteln. Aber wenn es deine besten Lieder werden sollen, braucht es mehr als nur einen kurzen Jam. Du musst verdammt hart daran arbeiten und stundenlang üben."

Die Zeit im Proberaum und Studio hat sich definitiv ausgezahlt: Auch wenn es beim Festival in Nickelsdorf ob der frühen Bühnenzeit erst einige Hundert mitbekamen, hier wächst eine der spannendsten Heavy-Bands dieser Tage heran. Was wohl auch daran liegen dürfte, dass Code Orange ihre Musik ziemlich ernst nehmen. "Viel ist da hineingeflossen und eigentlich ist erst in letzter Sekunde alles an den richtigen Platz gefallen", beschrieb Meyers den Entstehungsprozess des neuen Materials. "Aber oft ist es schwer. Seit das Album erschienen ist, waren wir nicht mehr Zuhause, sondern konstant auf Tour. Das zehrt natürlich, aber wir beschweren uns nicht. Da rauf zu gehen und immer Hundert Prozent zu geben, muss unser Ziel sein."

Nicht immer gibt es dazu aber die Gelegenheit. Dass Code Orange für ein Festival wie das Nova Rock gebucht werden, sei ja keine Selbstverständlichkeit. "Wenige junge Bands bekommen solche Möglichkeiten", sprach Meyers ein Problem an. "Man sollte sich aber im Klaren sein: Ohne neue Gruppen wird es so etwas wie hier nicht mehr lange geben! Natürlich ziehen die bekannten Gruppen das Publikum an. Aber man muss jüngeren Acts definitiv eine Chance geben. Wir sind hier, um hart zu arbeiten, um uns zu beweisen. Das werden wir auch weiterhin machen."

So brachte die mittlerweile zum Quintett angewachsene Gruppe auch das ein oder andere Sound-Mätzchen nicht aus der Fassung. Gerade Meyers und ihre Kollegen Jami Morgan (Schlagzeug/Gesang) sowie Eric Balderose (Gitarre/Gesang) zeigten sich unermüdlich im Aufpeitschen der Zuhörer. Ein weiterer Puzzlestein ist die ästhetische Komponente bei Code Orange - von den Covers, den Texten bis zu den Videos vermittelt die Band eine gehörige Portion Brutalität und Düsternis. "Ja, das ist ein wichtiger Teil. Damit können wir viel transportieren. Gerade wenn uns Leute nicht kennen, kann es ihnen helfen, sich in unsere Musik hineinzufühlen. Auf der Bühne sind wir aggressiv und roh, und so schaut auch das Artwork aus. Es macht einfach Sinn."

Spätestens nach der Show von Code Orange war dann auch das klassische burgenländische Festivalwetter (inklusive auffrischendem Wind) zurückgekehrt. Und bei strahlendem Sonnenschein ließ es sich dann auch zu den Ska- und World-Music-Klängen bei Jamaram aus München bestens tanzen, während Sleeping With Sirens eine eher abgelutschte Version von zeitgemäßem Rock darboten. Allfällige Ermüdungserscheinungen am dritten Festivaltag schienen die Besucher ohnehin noch abseits der großzügigen Beschallungsanlagen auszukurieren. Schließlich gibt es noch einiges zu erleben.