"Cyberfortgehen"  |  Melanie Pejic

„Fortgehen ist trotz Corona möglich!“ Keine Mensa, Online-Vorlesungen und keine Partys – All das sind Dinge auf die Studierende derzeit verzichten müssen. Fortgehen ist allerdings trotzdem möglich. Studentin Lisa S. nennt es Cyberfortgehen. Wie dies Corona-konform funktioniert, wie es sich ohne Nachtgastronomie feiert und warum es dabei auch Vorteile gibt, verrät die Studentin aus St. Pölten in einem Interview.

Studieren stellt derzeit eine herausfordernde Situation dar. Wie empfinden Sie das? Wie belastend ist es für Sie, während der Pandemie zu studieren?

Lisa S.: Ich muss sagen, als die Regierung 2020 den ersten Lockdown verkündete, war ich wahrscheinlich, wie alle anderen Studenten, richtig glücklich, dass wir jetzt 2 Wochen keine Vorlesungen haben werden. Allerdings hat sich diese Euphorie ganz schnell wieder gelegt, als ich gemerkt habe, dass es sich bei der ganzen Situation um eine ernstzunehmende Pandemie handelt. Mittlerweile ist es echt sehr belastend, da wir nur Online-Vorlesungen haben, ein Lockdown nach dem anderen kommt und man somit auch seine Mitstudierenden bzw. Freunde nicht regelmäßig sieht. Den ganzen Tag nur daheim vor dem Laptop zu verbringen, weil man Online-Unterricht hat, ist wirklich keine einfache Situation. Vor allem heißt es immer, man soll als Student sein Leben genießen und die Zeit seines Lebens haben, das ist leider gerade nicht möglich, vor allem auch wenn keine Nachtclubs offen haben, oder wir uns gerade im Lockdown befinden.

Sie haben gerade erwähnt, dass es Sie auch sehr belastet, dass man nicht fortgehen kann. Wie ist es, gerade als Studentin keine Partys feiern zu können bzw. nicht in Discos oder Nachtclubs gehen zu können?

Lisa S.: Sehr belastend. Ich habe das vor der Pandemie immer als Ausgleich gesehen. Unter der Woche habe ich mich zu hundert Prozent auf die Fachhochschule konzentriert und am Wochenende habe ich mich meistens mit Freunden getroffen, oder bin in eine Disco gegangen, da vergisst man den Stress der ganzen restlichen Woche und kann auch mal seine Gedanken abschalten. Derzeit gibt es meistens nichts, auf das man sich am Wochenende freuen kann, weil die Nachtclubs sowieso nicht offen haben und mehrere Freunde auf einmal treffen, ist auch nicht möglich. Vor allem Studentenpartys fehlen einem dann schon sehr. Allerdings habe ich mit einer Freundin zusammen eine Alternative gefunden, die die ganze Situation zumindest etwas erträglicher macht, unter uns nennen wir das „Cyberfortgehen“.

Wobei handelt es sich bei Cyberfortgehen? Können Sie uns das etwas näher erläutern?

Lisa S.: Natürlich. Es besteht wegen der Pandemie wenig Möglichkeiten, fortzugehen, etwas mit Freunden zusammen zu trinken bzw. in Nachtclubs zu gehen. Einer Freundin und mir kam dann vor 2 Jahren zu ihrem Geburtstag eine Idee, dass sie nicht allein feiern muss. Im Endeffekt sind wir dann dadurch darauf gekommen, über Videokonferenz per Skype ihren Geburtstag zu feiern. Wir haben uns beide eine Flasche Sekt gekauft, die wir dann zusammen getrunken haben. Auch angestoßen haben wir über die Kamera. Seitdem machen wir das, wenn die Zeit es zulässt, ziemlich regelmäßig.

Das klingt nach einer gutgelungenen Alternative. Können Sie uns erzählen, wie dann ein typisches „Cyberfortgehen“ bei Ihnen abläuft?

Lisa S.: Man kann sich das ganze wie das Vorglühen vor dem Fortgehen vorstellen. Wir machen uns vorher aus, was wir beide an Alkohol kaufen, damit es von der Menge her gleich ist. An dem Tag wo unser „Cyberfortgehen“ stattfindet, schminken wir uns, als würden wir wirklich in eine Disco gehen, allerdings bleibt es bei dem Outfit eher bei der Jogginghose. Treffen tun wir uns dann meistens über Skype, dann trinken wir zusammen, tratschen, hören Musik, spielen Trinkspiele und ab und zu folgt auch eine Tanzeinlage, wenn der Alkoholpegel steigt. Das läuft dann so lange, bis einer müde ist, oder sogar vor dem Laptop einschläft. Es ist im Prinzip wie normales Fortgehen inklusive Vorglühen, nur das man Zuhause ist, keinen Heimweg hat und einfach schlafen gehen kann wenn man müde ist. Cyberfortgehen hat somit auch Vorteile gegenüber dem normalen Fortgehen.

Seine Geldbörse kann man damit auch nicht verlieren.  Das klingt nach einer guten Alternative für das wirkliche Fortgehen. Was wünschen Sie sich für die Zukunft bezüglich dem Studentenleben während der Pandemie?

Lisa S.: Natürlich wäre mein größter Wunsch das Ende der Pandemie. Dennoch wäre es meiner Meinung nach wichtig, die Gastronomie, aber auch die Discos offen zu lassen, nicht nur wegen der Wirtschaft, sondern auch weil wir Studenten, aber auch alle anderen Personen einen Ausgleich zu dem stressigen Alltag brauchen. Außerdem ist die Pflege sozialer Kontakte sehr wichtig, auch während der Studienzeit. Ich hoffe sehr bald wieder in eine Disco oder auf eine Studentenparty gehen zu können, auch wieder mal eine Homeparty veranstalten zu können, wäre wirklich wieder dringend notwendig.