Nova Rock: Heiße Tage für Bands und Fans
"Da kommen wir Schweden daher und sterben den Hitzetod - schönes Festival!", lachte Sabaton-Sänger Joakim Broden im APA-Interview. Seine Band sollte heute das Programm auf der Blue Stage beenden.
"Aber generell mag ich das Nova Rock, wir sind ja bereits zum vierten Mal dabei, glaube ich. Das Publikum hier war immer toll", betonte Broden. "Vielleicht wären ein paar Klimaanlagen eine gute Sache, aber sonst..." Dass einige Fans seit dem Einlass in der ersten Reihe stehen und ihren Platz standhaft "verteidigen", findet der Schwede "amazing". "Ich könnte das nicht aushalten. Das Festival hätte noch gar nicht richtig begonnen - und ich wäre bereits tot! Ich würde mich anders anziehen ... oder gar nichts anziehen. Aber als Musiker geht das nicht, einige Interviews werden ja gefilmt."
Sabaton veröffentlichen demnächst ihr neues Album "The Great War", ein Konzeptalbum über den Ersten Weltkrieg. Die erste Single-Auskopplung "Fields Of Verdun" will die Powermetal-Gruppe dem Nova-Publikum vorstellen. "Es ist schön, ein paar neue Songs in die Rotation zu bringen. Zugleich sind dann Fans angefressen, wenn wir gerade ihren Lieblingsong deswegen nicht mehr bringen. Was soll man da tun?", fragte Broden.
Auch Jason "Cone" McCaslin und Dave Baksh, mit ihrer Band Sum 41 am Donnerstag Headliner auf der zweiten großen Bühne, der Red Stage, schwitzen ordentlich. "Ich könnte diese Temperaturen vier Tage lang auf einem Festival nicht aushalten. Ich habe höchsten Respekt vor diesen Leuten", sagte "Cone" über die Rockfans.
Am Nova Rock vertreten zu sein, sei für die alten Haudegen immer noch eine spannende Sache: "Wir freuen uns, auch für Fans von Bands wie Slipknot zu spielen. So ein Publikum, das auf wirklich harte Musik steht, erreichen wir sonst nicht. Es wäre fein, wenn wir sie auch für uns gewinnen können", sagte Gitarrist Baksh. Sein Bass spielender Kollege ergänzte: "Es ist verrückt, denn vor 20 Jahren hätten wir nie gedacht, dass andere Bands uns ansprechen und uns sagen, dass sie unsere Musik hören und mögen. Vor 20 Jahren haben wir das noch gemacht!" Sum 41 wollen am Nova Rock mit einem Hitset punkten, aber auch die neue Single "Out For Blood" vom kommenden Album "Order In Decline" präsentieren.
Trotz der Hitze zog Thomas Horvath vom Roten Kreuz am Nachmittag eine positive Zwischenbilanz: "Ja, natürlich gibt es einige Sonnenbrände und Ermüdungen wegen der hohen Temperaturen zu behandeln, aber die Leute nehmen das Trinkwasserangebot an und sind auf die Umstände gut vorbereitet."
Hitze, Staub und eine "universelle Sprache"
Waren diese Schuhe nicht mal schwarz? Wer am Donnerstag über die Pannonia Fields in Nickelsdorf schlenderte, fand sich schnell in einer Staubwolke wieder. Der Auftakt zum 15. Nova Rock zeichnete sich in erster Linie durch Hitze aus, allerdings gab es für die motivierten Fans auch reichlich musikalische Reize und "eine universelle Sprache", wie es Godsmack-Sänger Sully Erna beschrieb.
"Das kann ich dir mit Sicherheit sagen: Die Musik geht nie weg", meinte der US-Musiker im APA-Gespräch auf die Frage, wie sich die Rockszene heute aus seiner Sicht darstelle. "Aber natürlich ist das schwierig zu beantworten. Jede Band hat da ihre eigene Sichtweise, weil jeder andere Einflüsse hat oder andere Dinge vermisst heutzutage. Für uns ist das derzeit einfach Classic Rock, weshalb wir das stärker in unsere Songs eingebaut haben."
Damit sprach Erna das im Vorjahr veröffentlichte Album "When Legends Rise" an, auf dem die Gruppe ihre Metal-Wurzeln zugunsten eines eher in Richtung Heavy Rock gehenden Ansatzes aufgegeben hat. "Mir geht es ja immer um das Songwriting", erzählte Erna, "ich will mich immer weiterentwickeln. Und meine Vorbilder sind einfach die Legenden wie Elton John, Ray Charles oder Aerosmith. Die musst du studieren! Es gibt einen Grund, warum ihre Hits immer noch ihren Platz haben, das ist sicher kein Glück!"
Nun machen Godsmack natürlich keinen Pop, wie die Fans am späten Nachmittag auf der Blue Stage nur zu deutlich erfuhren. "Aber unser Sound ist sicher moderner geworden", meinte Schlagzeuger Shannon Larkin. Ob sich sonst etwas groß verändert habe im Vergleich zu den Anfängen der Band vor rund 20 Jahren? "Na ja, damals gab es keine Handys und kein Internet", lachte Larkin. "Die Welt hat sich einfach verändert. Und du musst als Künstler versuchen, da mitzugehen. Obwohl wir ja eigentlich ziemlich old school sind, wirst du natürlich mit dem Alter reifer."
Anders und neu, diese Beschreibung trifft derzeit auch auf Ferris MC zu: Der deutsche Rapper, der zuletzt gut ein Jahrzehnt als Teil der Electro-Anarcho-Truppe Deichkind durch die Lande zog, hat sich nun als Punkrocker neu erfunden und wird in dieser Form heute noch auf der Red Bull Music Stage mit vier Kollegen für ein intensives Erlebnis sorgen. "Ich mag es einfach, mit Musikern auf der Bühne zu stehen", betonte Sascha Reimann, wie er bürgerlich heißt, vor dem Auftritt gegenüber der APA. "Das Zusammenspiel ist einfach etwas Besonderes, so konnte ich mich in eine andere Richtung weiterentwickeln."
Konkret passiert ist das mit dem kürzlich erschienenen Album "Wahrscheinlich nie wieder vielleicht", das Ferris MC gemeinsam mit Mitgliedern der Rockband Madsen geschrieben und aufgenommen hat. "Ich will mich abnabeln von dem, was früher war. Und mich ausleben dürfen mit der neuen musikalischen Richtung. Es kommt auch noch eine neue EP, mit der der Weg fortgeführt wird", versprach er bereits für diesen Sommer neues Material. "Da kommen die Raps vielleicht wieder mehr rein, aber eben im Punkrock-Kontext. Thematisch dann aber eher 'Ich gegen alle'. Liebt mich oder hasst mich, ich bin mit beidem zufrieden."
Kann er den Gedanken an seine Fans dabei ganz ausschalten? "Du hoffst zumindest, dass sie den Weg mitgehen und es verstehen", gab sich Ferris MC zu. "Klar haben bestimmte Fans eine Erwartungshalten, die du dann einfach nicht erfüllst. Aber ich habe es schon mal gesagt: Ich bin nicht die Hure der Fans. Vielleicht schieße ich mir mit solchen Ansagen auch ins Bein, aber die sollen wissen: Wenn ihr mich begleitet, dann wisst ihr einfach, es ist eine Wundertüte. Genau das solltet ihr aber zu schätzen wissen."
Dankbar waren die Nova-Fans am ersten Festivaltag jedenfalls für jedes kleine Schattenplätzchen, das sich am weitläufigen Gelände auftat. Da wurden Getränkestände, Lichttürme oder Zeltplanen zu rettenden Oasen, während von den Bühnen das Animationsprogramm munter weiterging. Nach dem Rap-Doppel aus Waving The Guns und Luciano sorgten etwa auf der Red Stage die heimischen Folkshilfe mit Ziehharmonika, Gitarre und Schlagzeug für ein ungewohntes Klangbild am Rockfestival - dem harten Kern im Wavebreaker gefiel es trotzdem, weshalb die Menge nicht nur beim "Huscha" eifrig einstimmte und für viel Bewegung sorgte.
Die Blue Stage ist hingegen weiter fest in der Hand harter Musik, wie I Prevail und Three Days Grace untermauerten - reichlich gebrüllte "Nova Rock"-Rufe inklusive. Und welchen Tipp hat der Rock-Neuling Ferris MC noch für die Festivalbesucher angesichts der Hitze? "Hm, darüber habe ich nicht nachgedacht", meinte der in Hamburg wohnende Musiker. "Wenn man so ein Wikinger-Typ ist wie ich und die Sonne so brutal runter kommt wie hier, muss man echt aufpassen, dass man nicht explodiert."