Lausch

Alex Lausch: "Versucht nie Kompromisse einzugehen" Seit 2007 veröffentlicht der Musiker Alex Lausch unter dem Bandnamen Lausch seine Musik, die Band gibt es sogar bereits seit 2005.

In Kürze erscheint mit „Quiet Men“ (Panta R&E) das fünfte Album von Lausch. Schlagzeuger Matthias Ledwinka war ein Schulkollege von Bandleader Alex Lausch, die alternative-progressive Rockband wird durch Arnold Tanon am Bass komplettiert. Im Interview mit Jürgen Plank macht sich Alex Lausch Gedanken über das Musikbusiness und bekennt, nicht Lady Gaga zu sein.

Wenn Sie die ersten zwölf Jahre Bandgeschichte überblicken: Wie würden Sie die Entwicklung der Band seit damals einschätzen?

Alex Lausch: Ich glaube, es ist sehr schwierig, die eigene Entwicklung einzuschätzen. Ich kann das eigentlich nur an dem messen, was andere Menschen sagen, Fans oder Musikerkolleginnen und -kollegen. Insofern ist schon einiges weitergegangen. Die größte Konstante ist – und das ist vielleicht schon ein bisschen ausgelutscht –, dass wir uns treu geblieben sind.

Was meinen Sie mit „treu geblieben“?

Alex Lausch: Das ist so gemeint, dass wir in den letzten zwölf Jahren schon über den eigenen Tellerrand geblickt haben, aber immer nur so weit, dass wir in einem gesunden Maß umsetzen konnten, was wir vorgehabt haben. Nie so weit, dass irgendjemand etwas aufgeben hätte müssen oder irgendein Kompromiss dabei gewesen wäre.

„Wir sind da, wo wir hinwollten. Auch musikalisch. Das befriedigt uns und macht uns als Band glücklich.“

Welche Gefahr hätten Sie da gesehen? Worin hätte Untreue bestehen können?

Alex Lausch  |  Jürgen Plank

Alex Lausch: Etwa den Beruf aufzugeben oder umzuziehen. Irgendwo zu sein, wo man nicht sein will. Das ist vielleicht auch der Kern des aktuellen Albums: Wir sind da, wo wir hinwollten. Auch musikalisch. Das befriedigt uns und macht uns als Band glücklich. Wir haben auch immer so viel Abstand dazu gehabt, dass wir nie das Gefühl hatten: „Okay, jetzt brauchen wir eine Pause von dem, was uns musikalisch verbindet.“ Das ist ein schönes Gefühl. Die Pausen ergeben sich ohnehin von selbst, weil die Alben auslaufen und man wieder mit etwas Neuem beginnt. Bisher haben wir noch nicht den großen internationalen Durchbruch gehabt. Das heißt aber auch, wir haben uns nie nach irgendetwas richten mussten. Wir haben aber das Gefühl, dass wir dorthin gekommen sind, wo wir hinwollten. So machen wir jetzt Musik.

Eine Entwicklung kann man vielleicht an Zahlen festmachen. Wie haben sich denn bei Lausch die Tonträgerverkäufe vom ersten bis zum aktuellen Album entwickelt?

Alex Lausch: Die Tendenz zeigt auf jeden Fall nach oben und unser Fankreis erweitert sich stetig. In Verkaufszahlen kann ich es leider nicht sagen, das habe ich nicht im Kopf, aber seit den ersten beiden Alben hat sich auf jeden Fall etwas getan: Die ersten beiden Alben haben wir ja im Do-it-Yourself-Verfahren gemacht. Beim dritten Album haben wir einen Medienpartner in Deutschland gefunden und auch in Österreich hat der eine oder andere etwas für uns gemacht. Die ersten zwei Alben waren für die Familien und die Fans der ersten Stunde. Mit den letzten drei Alben geht es schon bergauf, das merkt man. Durch die Promo-Arbeit in Deutschland ist auf jeden Fall ein viel größeres Publikum erreichbar.

„Das ist unser Plan fürs nächste Jahr: die Hörerschaft zu verzehnfachen.“

Was tut sich noch? Haben Sie schon in Deutschland gespielt?

Alex Lausch: Wir werden Anfang 2018 in Deutschland spielen, mit dem letzten Album haben wir ein eigenes Booking auf die Beine gestellt. Das ist unser Plan fürs nächste Jahr: die Hörerschaft zu verzehnfachen.

Wie erklärt sich der Titel des neuen Albums: „Quiet Men“? Ist das ein Kontrast zur Musik, denn die ist ja nicht leise?

Alex Lausch: Das könnte man herauslesen, aber darum geht es nicht vordergründig. Es geht um unsere persönliche Entwicklung – als mittlerweile Mitdreißiger. Wir haben versucht, nie Kompromisse einzugehen.

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Inwiefern?

Alex Lausch: Je weiter wir in dieses ganze Musikbusiness und den Mechanismus rund um das Geschäft mit der Musik vordringen, desto mehr wird uns bewusst, wie viel heiße Luft und wie viel Tamtam da gemacht wird. Da blinkt es und dort blinkt es, und das war für uns eher immer abschreckend. Wir haben uns immer auf uns konzentriert und daraus auch unser Songwriting geschöpft. Songwriting als eine Art Therapie, als eine Art, Geschichten zu erzählen. Da helfen dieses ganze Blinken und diese heiße Luft nicht. Die hat nichts zu unserem Schaffen beigetragen, sondern eher Energie abgezogen. Deshalb haben wir beschlossen, dass wir da nicht mitspielen wollen. Wir wollen diese Mechanismen nicht auch noch zusätzlich unterstützen. Oder laut schreien, nur damit uns irgendjemand hört. Oder auch dieser Leitspruch: Ihr müsst ganz besonders auffallen, ihr müsst aus der Masse herausstechen. Das ist überhaupt generell ein Problem unserer Gesellschaft und nicht nur des Musikbereichs: Alles muss etwas Besonderes sein. Alles kann nicht besonders sein, das geht nicht.

Und wie schließt sich der Kreis zum Albumtitel „Quiet Men“?

Alex Lausch: „Quiet Men“ passt ganz gut, weil wir backstage und privat eher eine ruhige Gruppe sind. Stille Wasser sind tief, wir müssen nicht ständig schreien und uns extrovertiert verhalten, damit unsere Musik laut ist.

Das Artwork Ihrer Tonträger ist nie in Gefahr, zu viel zu blinken. Welche Linie wird hier eingehalten?

Cover “Quiet Men”  |  zVg

Alex Lausch: Ich glaube, es ist unser Anspruch, Klarheit zu schaffen. Das ist etwas sehr Persönliches bei uns: etwas zu extrahieren. Beim letzten Album war ein Herz am Cover und jetzt ist es das Haus, das – frei stehend auf grünem Hintergrund – das „innere, extrahierte Haus“ darstellt. Jeder von uns hat ein inneres Haus, das sehen auch nicht alle sofort und es verfügt nur über das Notwendigste. Wir wollen diese Lebensstränge extrahieren, die sich durch unser aller Leben ziehen. Dadurch wird es minimalistisch.

„Ich bin nicht Lady Gaga, aber ich glaube, dass ich die Leute, wenn ich ihnen mit meiner Musik gegenüberstehe, sehr wohl überzeugen kann.“

Das Getöse des Musikbusiness hat Sie nie interessiert, nun gibt es aber auf Streamingplattformen mehr als 20 Millionen Lieder und die Ihrer neuen CD kommen neu dazu. Wie gehen Sie da vor, um doch gehört zu werden?

Alex Lausch: Bis zu einem gewissen Maß stelle ich mich sehr wohl in die Auslage, indem ich zum Beispiel dieses Interview gebe. Aber mir ist es bewusst, dass es um kleine Schritte geht. Diese kleinen Schritte sollen etwas aussagen, sie sollen durchdacht sein und sie sollen etwas darstellen, etwa wie ich mich dabei fühle. Ich glaube, dass ich so auf längere Zeit mehr und intensivere Zuhörerinnen und Zuhörer erreichen kann als durch Herausstellungsmerkmale, die ich nicht mit anderen teile. Und wenn das noch 25 Jahre dauert: Das ist für mich nicht relevant. Aber es ist so, wie Sie sagen: Es sind Millionen Songs da draußen und einer ist besser als der andere und so wird für jede und jeden etwas geboten. Ich bin nicht Lady Gaga, aber ich glaube, dass ich die Leute, wenn ich ihnen mit meiner Musik gegenüberstehe, sehr wohl überzeugen kann. Dann stehen sie innerhalb des Kreises dieser Aussagen.

Dennoch: Die Konkurrenz ist riesengroß.

Alex Lausch: Wir bestehen schon, wir sind da und man kann uns nicht herausrechnen. Wir schauen darauf, dass wir jeden einzelnen Fan, der uns mögen könnte, auch abholen.

Wie wichtig sind Ihnen die Texte und um welche Themen geht es in den Songs?

Jürgen Plank

Alex Lausch: Im Lied „Let’s be strangers“ ist das Thema der Umgang mit Fremden generell. Oder auch im persönlichen Bereich, wenn man jemanden kennenlernt und sich vielleicht in diesen Menschen verliebt und sich irgendwann zurücksehnt nach dem Gefühl, das man gehabt hat, als man einander fremd war. Damit kann sich, glaube ich, jede und jeder identifizieren, mit solchen Kernthemen hat jede und jeder zu tun gehabt, und das ist auf diesem Album stark komprimiert zu hören.

In der Besprechung eines Konzertes von Lausch stand zu lesen, das Konzert sei wie ein Ritt auf hoher See und es sei energetisch gewesen. Können Sie damit etwas anfangen?

Alex Lausch: Das beschreibt unseren Anspruch sehr gut, einen Bogen von der ersten Sekunde bis zur Zugabe zu spannen, der niemanden loslässt. Andererseits aber auch alle paar Minuten massiv zu überraschen. So zu überraschen, dass sich vielleicht der eine oder andere auch schwertut, wirklich dranzubleiben. Es ist schon unser Anspruch, die Leute ab und zu anzustupsen und zu sagen: „Es ist zwar schön, in welche Richtung du gerade schaust, aber drehe dich mal um, da ist etwas.“ Hinter jeder Ecke kann etwas sein, und das macht es für uns auf der Bühne total spannend. Und unserer Beobachtung nach ist das auch für das Publikum spannend.

Wie verhält sich das Publikum bei Ihren Konzerten?

Alex Lausch: Manchmal stehen die Leute gespannt da und schauen und dann bewegen sie sich wieder ekstatisch und das ist der Ritt, der nicht immer nur geradeaus geht. Insofern kann ich es sehr gut nachvollziehen, dass ein Konzert von uns so ein Ritt ist.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Interview von Jürgen Plank

In Kooperation mit mica – music austria